FRAUENTAG! > Den Frauentag begehen

Anhand des Frauentags wird erkennbar, wie Frauenbewegungen den öffentlichen Raum in Anspruch genommen und wie sich dessen Rituale entlang gesellschaftspolitischer Veränderungen entwickelt haben. In der Ersten Republik wurde der Frauentag im parteipolitischen Kontext begangen. Die Frauenorganisationen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der Kommunist_innen mobilisierten jährlich ihre Mitglieder und veranstalteten große öffentliche Aufmärsche. Zwischen 1945 und dem Ende der 1970er Jahre hatten die vom Bund kommunistischer Frauen Österreichs/KPÖ und den SPÖ-Frauen getragenen Frauentagsveranstaltungen ihre Hochblüte. Für beide Organisationen war der Frauentag — trotz der regelmäßig auftauchenden Frage, ob er noch Berechtigung habe — fixer Bestandteil des Festtagkalenders. Die Vorbereitungen fanden bereits im Herbst statt, Plakatmotive und Mottos wurden ausgewählt, internationale Gäste geladen, ein Programm erstellt, die Veranstaltung beworben, An- und Abfahrt, Unterkunft und Verpflegung für die Besucher_innen organisiert. Die Berichte über die Frauentagsveranstaltungen wurden schließlich bei der Mobilisierung für den kommenden Frauentag eingesetzt. In der Nachkriegszeit veranstaltete die SPÖ zentrale Frauentagsfeiern abwechselnd in verschiedenen Landeshauptstädten. Die zentralen Frauentagsfeiern der Nachkriegszeit waren Massenveranstaltungen, die den Teilnehmer_innen in den Mangeljahren die Möglichkeit zu Reisen boten. Ab Ende der 1950er Jahre verloren die Frauentagsfeiern an Bedeutung.
Bis in die 1970er Jahre waren die Veranstalter_innen von Demonstrationen zum Frauentag darauf bedacht gewesen, dass die Aufmärsche geordnet abliefen: Es sollte gezeigt werden, dass die, die hier protestierten, ihre Sache diszipliniert und ernsthaft vertraten. Als die „autonome“ Frauenbewegung Ende der 1970er Jahre den Frauentag als Agitations- und Mobilisierungsanlass für sich entdeckte, forderte sie diese Tradition heraus: Provokante Aktion, die Ironie und Humor nicht ausschloss, war das Mittel der Wahl, um den Status quo in Frage zu stellen. Der „Frauentag“ sollte auch Spaß machen: Parties, Filmabende, Feste boten dafür ausreichend Gelegenheit.

Ab 1986 veranstaltete Johanna Dohnal als Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen im Bundeskanzleramt Tage der offenen Tür, in den 1990er Jahren lud sie als Frauenministerin verschiedene Frauenprojekte und Initiativen zu Frauenmessen in die Wiener Hofburg. Parallel dazu konnte kaum mehr ein Massenmedium am „Frauentag“ vorbeigehen: Radio, Fernsehen und Tageszeitungen veröffentlichten entsprechende Schwerpunkte, Specials und Programmleisten, die die Geschlechterdifferenz thematisierten.